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Traditionelles Handwerk rund um die Alpwirtschaft

Reich verzierter Fahreimer
Fahreimer

Das Senngeschirr

 

Der Beruf des Weissküfers ist einer der ältesten Berufe überhaupt. Früher stellte der Weissküfer das Senngeschirr sowie Gerätschaften für den Haushalt her.

 

Natürlich ist die Zeit auf den Alpen und beim Senn auch nicht stehengeblieben! Die Gerätschaften auf den Alpen bestehen heute vorwiegend aus modernen Materialien wie Chromstahl, Aluminium und Kunststoff. Dennoch hat das Senngeschirr des Weissküfers seine Bedeutung nicht verloren.

 

Noch heute fahren im Toggenburg einige Älplerfamilien mit der «Ledi» z Alp. Das heisst, dass das Senngeschirr - mit Käsekessi und Bettdecke - auf einen Lediwagen gepackt wird. Wer gut hinschaut, erkennt auf dem Wagen viele verschiedene Holzgeschirre: Näpfe, Gebsen, Melkstühle, Käsebänkli, Käsereife, Käserührer, «Buder», (Butterfass) Sauertanse, Milchtanse, «Schötteimer», «Nidler», (Rahmkelle) Tropfeimer und «Motteli». Die Älplerfamilien tragen Sorge zum Senngeschirr. Mit viel Liebe und Sorgfalt pflegen sie die aus hellem Ahorn- und Fichtenholz gefertigten und mit Kerbschnitzereien reich verzierten Gegenstände.

 

Werner Stauffacher beim Schnitzen von Verzierungen an einem Butterfass
schnitzen von Verzierungen an einem Butterfass

 

 

 

 

 

Werner Stauffacher aus Ennetbühl hat den Beruf des Weissküfers erlernt. Er stellt heute noch geküfte Gebrauchs- und Ziergegenstände her. Wenn Toggenburger Älpler den einen oder anderen Eimer, die Milchtanse oder den «Buder» ersetzen müssen, ist er die Anlaufstelle. Zusammen mit seiner Frau Jolanda und einem Mitarbeiter führt Werner Stauffacher die Weissküferei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schon als kleiner Bub ging er mit seinem Vater «z Alp», er kennt deshalb die Traditionen rund um die Alpwirtschaft und ist eng mit ihnen verbunden. Das Handwerk des Weissküfers übt er mit viel Freude aus, der Werkstoff Holz passt zu ihm. Mit grosser Begeisterung erklärt Werner Stauffacher, wie ein Fahreimer oder ein «Buder» (Butterfass) entsteht. Zur Herstellung eines Fahreimers braucht er etwa 22 Arbeitsstunden, für einen «Buder» ist gerade die doppelte Zeit nötig. Wer ihm bei der Arbeit zusieht, spürt die Begeisterung, spürt die Freude am Holz und an den sennischen Gegenständen.

 

So entsteht ein Senngeschirr
Werner Stauffacher mit Holzteilen
So entsteht ein Senngeschirr
schnitzen von Verzierungen
So entsteht ein Senngeschirr
Senntumsschellen; 3 Glocken mit Dreiklang

Die Senntumschellen

 

Eine Toggenburger Alpfahrt ohne Schellen? Undenkbar. Zu einem Toggenburger Alpaufzug gehören immer drei Schellenkühe. Sie sind mit den Senntumschellen des Bauern geschmückt. Dass die Toggenburger Kühe für die Alpfahrt mit drei Senntumschellen geschmückt werden, ist seit 1780 sicher überliefert. Die Schellen bilden immer einen Dreiklang, das heisst, sie sind aufeinander abgestimmt. Die Senntumschellen stammen aus Strengen am Arlberg. Vor 40 Jahren waren es noch drei Familien, die in Strengen Schellen schmiedeten. Auf den ersten Blick sahen die Schellen genau gleich aus – beim genauen Hinsehen und Hinhören konnten Fachleute aber die Schellen der Schellenschmiede Haueis, Mattle und Zangerl unterscheiden. Heute stellt nur noch Emil Mattle Senntumschellen her. Er stammt ursprünglich aus dem St.Galler Rheintal, seine Vorfahren wanderten nach Strengen am Arlberg aus.

 

 

antiker Schellenriemen von 1823

 

 

 

 

Die Riemen für die Senntumschellen sind spezielle Sattlerarbeiten. Im Toggenburg kennt man die Sennensattler Thomas Rütsche in Ebnat-Kappel und Ruedi und Fritz Ammann in Alt St.Johann.

 

 

 

 

 

Ziseleur bei der Arbeit

 

Alle Senntumschellen haben ziselierte Messingbeschläge. Der Handwerker, der die Messingbeschläge herstellt, heisst Ziseleur. Der Bergbauer Werner Huser hat sich als Ziseleur einen Nebenerwerb aufgebaut. Er macht nicht nur das «Mösch» (Messingbeschläge) für die beschlagenen Hosenträger, sondern auch das für die Senntumschellen.

Das Ziselieren ist ein altes Handwerk. Überlieferungen sagen, dass Schellen schon am Ende des 18. Jahrhunderts mit ziselierten Messingbeschlägen verziert wurden.

 

 

Werner Huser verwendet Messingplatten, die 1,20 x 0,70 m gross sind. Die Messingplatten schneidet er in Streifen. Je nach Bedarf weisen die Messingplatten eine andere Dicke auf. Die Platten für beschlagene Hosenträger sind 1,25 mm dick. Für Senntumschellen verwendet Werner Huser Platten, die 1,50 mm dick sind. Die dicksten Messingstücke sind für Schellenschnallen bestimmt: sie weisen eine Dicke von 6 mm auf. Von der Messingplatte bis zum fertigen Hosenträger sind viele Arbeitsgänge nötig. Zuerst zeichnet Werner Huser die Sujets auf die Metallstreifen. Anschliessend sägt er die Tiere oder Ornamente mit der Decoupiersäge aus. Jetzt folgen das Ziselieren und später allenfalls das Bombieren. Der letzte Arbeitsgang ist das Polieren des «Möschs».

 

Fertige Schmuckstücke aus Messing; Arbeiten eines Ziseleurs
Fertige Schmuckstücke aus Messing; Arbeiten eines Ziseleurs
Fertige Schmuckstücke aus Messing; Arbeiten eines Ziseleurs

 

 

Werner Huser bei der Arbeit zuzuschauen, ist interessant. Mit riesengrosser Geduld ziseliert er - jeder Hammerschlag auf den Metallstift sitzt perfekt! Nach unzähligen Schlägen entsteht das Bild: exakt und unverwechselbar.

 

 

Werner Huser am Arbeitsplatz; fertige Messingarbeiten
Werner Huser am Arbeitsplatz; fertige Messingarbeiten
Werner Huser am Arbeitsplatz; fertige Messingarbeiten

 

 

Die Sennentracht

 

Viele Bäuerinnen des oberen Toggenburgs haben sich Kenntnisse angeeignet, um «s rot Broschttuech», die braunen «Ladehose» und die weissen «Chüelihemper» für ihren Mann und ihre Kinder selbst herzustellen.

 

Trachtenmacherin Rösli Huber bei der Arbeit

Auch die Bäuerin Rösli Huber-Lusti vom Burst in Unterwasser erwarb dieses Wissen in Kursen, die erfahrene Trachtenschneiderinnen erteilten. Im Winter näht sie und stickt das eine oder andere «rot Broschttuech». «Die Schwierigkeit», so Rösli Huber, «beim Sticken eines roten Brusttuches ist, dass man nichts vorzeichnen kann. Es ist möglich, einen feinen Faden für die eine oder andere Markierung einzuziehen – aber mehr geht nicht. Aus dem «Scharlach», so wird der rote Wollstoff genannt, könnten die Punkte und Striche nicht mehr entfernt werden.» Rösli Huber bestickt die «Broschttüecher» mit den überlieferten Toggenburger Mustern. «Das sind nicht etwa Edelweiss, sondern das typische «Sonnerädli» und andere feine Ornamente.

 

Wenn Rösli Huber ein «Chüelihemp» näht, lässt sie den Latz (Brustpatte) von Monika Bollhalder in Unterwasser machen. Monika Bollhalder hat noch eine Handstickmaschine, damit stickt sie Lätze für «Chüelihemper».

 

 

Stickerei rots Broschttuech

 

 

Es ist für einen Älpler etwas ganz Besonderes, «s Chüelihemp», «s rot Broschttuech» und «d Ladehose» zu tragen, die seine Frau in vielen, vielen Stunden angefertigt hat. Genau so ist es für die Kinder: So lange sie klein sind, realisieren sie nicht, was es bedeutet, wenn ihnen die eigene Mutter die Tracht genäht hat. Sind sie aber erwachsen, ist das erste «rot Broschttüechli», das die Mutter gestickt hat, etwas ganz besonders Kostbares – in vielen Familien kommt es vor, dass es zu einem Erbstück wird und niemals weggegeben würde.